Hinter der Bezeichnung Technics EAH-AZ70W (kurz AZ70) verbergen sich sich die ersten True Wireless Kopfhörer des Herstellers. Mit Funktionen wie dem Ambient Sound Mode und einem Dual Hybdrid Noise Cancelling will man gehobenen Ansprüchen gerecht werden, was natürlich auch auf den Sound zutrifft. Wie sich die Earbuds in der Praxis schlagen, klärt der folgende Testbericht.
Mit den EAH-AZ70W reiht sich das fünfte Kopfhörer-Modell in das Sortiment von Technics ein. Zugleich betritt man mit den True Wireless Kopfhörern eine neue Kategorie. Neben den hier vorgestellten AZ70 führte man bislang zwei Over-Ear-Bluetooth, einen analogen Over-Ear- sowie analoge In-Ear-Kopfhörer. Zumindest was die Größe des Treibers angeht, sind die AZ70 identisch mit den TZ700 identisch. Ansonsten haben die neuen Kopfhörer oder auch Earbuds genannt, keine wirklichen Gemeinsamkeiten mit dem Rest des bestehenden Produktportfolios. Wobei auch der Technics F70N eine aktive Geräuschunterdrückung beherbergt.
Wie üblich für diese Bauweise beinhaltet der Lieferumfang natürlich auch ein Gehäuse zum Aufbewahren und Aufladen der beiden Stöpsel. Mit ~65g fällt dies recht angenehm aus und die Größe ist auch als transportabel zu bezeichnen. Um der Premium-Ausrichtung gerecht zu werden, ist das Gehäuse aus Aluminium gefertigt und auf der Oberseite mit einer gravierten Aluminium-Platte abgeschlossen. Das Case der Klipsch T5 wirken dennoch etwas wertiger, alleine schon wegen des Gewichts.
Beim Ladeanschluss folgt der Hersteller dem aktuellen Trend und setzt auf eine Typ-C Buchse. Ein entsprechendes 0,5m langes Kabel liegt bei, sollte mittlerweile aber auch in beinahe jedem Haushalt vorhanden zu sein, insofern man nicht nur mit Apple Produkten vorlieb nimmt. Über den Ladestand des integrierten 800mAh fassenden Akkus informieren drei Leuchtdioden an der vorderen Kante. Was dessen Ladezeit angeht, unterscheidet der Hersteller zwischen der reinen Ladung des Cases und mit eingelegten Earbuds. Ohne diese soll eine Vollladung 2,5 Stunden andauern, mit diesen im Inneren soll sich die Zeit auf 4 Stunden verlängern. Für die relativ lange Ladedauer des doch recht kleinen Akkus sorgt ein geringer Ladestrom von nur 0,5A, was allerdings die Kompatibilität zum USB 2.0 Standard sichert.
Wozu die ganzen Pins in den Aufnahmen der Stöpsel konkret dienen kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, aber deren schiere Anzahl ist schon erstaunlich. Bpsw. kommen beim Philips UpBeat SBH2515 nur zwei Pins zum Einsatz. Die beiden dickeren können allerdings als Magnete identifiziert werden, sodass der korrekte Sitz in den Mulden garantiert wird. Im Case eingelegt dauert eine komplette Ladung ~2h. Je nach verwendetem Codec (SBC oder AAC) sollen dann bis zu 6,5h bzw. 6h zur Verfügung stehen. Das Gehäuse liefert noch einmal zwei komplette Füllungen der 85mAh fassenden Akkus, sodass sich eine Gesamtlaufzeit von bis zu 19,5h bzw. 18h ergeben soll.
Was sonstige technische Informationen zu den beiden Stöpseln angeht, verhält sich Technics recht zurückhaltend. Genannt werden kann nur der Einsatz von 10mm Treibern mit Graphen-beschichteter Membran. Ansonsten verfügen die Earbuds über aktive Geräuschunterdrückung oder neudeutsch Active Noise Cancellation. Von der Bezeichnung her scheint es sich um das selbe Prinzip wie bei den F70N handeln, wobei hier nur ein Profil, statt drei vorhanden ist. Zudem gibt es einen Ambient Sound Modus, welcher Außengeräusche durchlässt, also wie bspw. auch bei den JBL Live 300TWS.
Die beiden Funktionen, wie auch alle anderen, werden per Touch-Befehl auf den Seiten der Stöpsel ausgeführt. Durch die gefräst aussehenden Plättchen erfolgt die kapazitive Auslösung sehr akkurat und ohne Kraftaufwand. Auf der anderen Seite sind Gummi-Tips in der Größe M vormontiert. Dem Lieferumfang liegen vier weitere Größen, je zwei größere und kleinere, bei, sodass die Wahrscheinlichkeit für einen korrekten Sitz sehr hoch ist.
Beim Gehäuse offenbart sich der subjektive Eindruck auch in den angegebenen Zahlen. Das Gewicht ordnet sich zwischen dem der sehr leichten Cambridge Audio Melomania 1 und den Philips UpBeat SBH2515 sowie Klipsch T5 True Wireless ein. Dass die Earbuds mit 7g eigentlich die schwersten im bisherigen Testfeld sind, merkt man allerdings nicht. Bei der Laufzeit zeigt sich ein eher hinterer Rang. Sowohl die Laufzeit der Buds, als auch die zustäzliche Energie fällt geringer als bei der Konkurrenz aus. Hier dürfte vor allem aber auch das ANC eine entscheidende Rolle spielen. Bei der Konnektivität setzt Technics erstaunlicher Weise nicht auf aptX, was die T5 und Melomania 1 hingegen bieten.
Technics EAH-AZ70W | Klipsch T5 True Wireless | Philips UpBeat SHB2515 | Cambridge Audio Melomania 1 | |
Gewicht je Ohrhörer / Ladegehäuse | 7g / 65g | 5,5g / 96,9g | ~6g / ~96g | 4,6g / 37g |
Aukkulaufzeit Ohrhörer / zusätzlich durch Case | 6,5h / 13h | 8h / 24h | 5h / 110h | 9h / 36h |
Treiber Größe | 10mm | 5mm | 6mm | 5,8mm |
Bluetooth-Standard | 5.0 | |||
Audio-Codecs | SBC, AAC | SBC, AAC, aptX | SBC | SBC, AAC, aptX |
USB-Anschluss | Typ-C | micro-USB | ||
Zertifizierung | IPX4 | ? | IPX5 | |
Preis | 279€ (UVP) | ~160€ | ~72€ | ~100€ |
Die Bedienung der Technics AZ70 ist nicht großartig verschieden von anderen True Wireless Kopfhörern. Durch mehrfaches oder längeres Berühren der beiden Seitenflächen ergeben sich insgesamt fünf Befehle für die Kontrolle beim Musikhören, sowie zum Aktivieren des Sprachassistenten und der externen Töne. Unter anderem lassen sich letztgenannte in der Technics Audio Connect App konfigurieren. Geräuschunterdrückung und Umgebungsgeräusche können in ihrer Intensität bzw. Effektivität angepasst werden. Wieder mal störend ist an dieser, dass man die Ortungsdienste aktivieren muss und sie den Zugriff auf die Standortinformationen einfordert. Ohne die Einwilligung kann man die App sonst nicht nutzen. Der Grund liegt in der "Finden Funktion", aber dennoch sollte man dem Nutzer schon die Freiheit geben, selbst über dessen Nutzen zu entscheiden. Neben den "externen Geräuschen" lassen sich auch die internen anpassen. Dafür stehen zwei Profile sowie ein fünf-Band-Equalizer bereit.
Technisch unterscheiden sich die AZ70 durch die größeren Treiber schon recht deutlich zu den zuvor getesteten True Wireless Kopfhörern. Während sie beim vorliegenden Testobjekt 10mm messen, sind es zum Vergleich beim Klipsch T5 nur 5mm. Theoretisch sollte man beim AZ70 also mehr Bass erwarten können, allerdings vielleicht auch ein trägeres Ansprechverhalten. Im ersten Moment könnte man den Eindruck gewinnen, dass die AZ70 recht leise sind. Zu beachten gilt dabei, dass die in der App angezeigte Lautstärke nicht der Geräte-Lautstärke entspricht, sondern der des Smartphones. Mehr Pegel erreicht man, wenn man die Lautstärke direkt am linken Earbud durch dreimaliges Tippen erhöht. Die Maximale Lautstärke ist nicht komplett Verzerrungsfrei, weshalb zwei Stufen zurückgeschaltet wird. Das ist bei den T5 aber auch nicht anders. Vergleicht man die beiden Modelle direkt miteinander, dann ist der maximale Pegel auf einem ähnlichen Niveau anzutreffen. Beim Klang gibt es dabei aber durchaus Unterschiede. Während die T5 in den Höhen teilweise etwas Spitz wirken, klingen die AZ70 hier ausgewogener. Der theoretisch höhere Bass macht sich dadurch bemerkbar, dass insgesamt etwas mehr Fülle geboten wird. Detailreich sind beide Kontrahenten und auch bei der Dynamik sorgen die größeren Treiber der AZ70 nicht für einen Nachteil. Muss man eine Entscheidung fällen, würde diese zugunsten der AZ70 ausfallen. Sie klingen noch einmal etwas homogener bzw. schaffen die Balance zwischen Tief- und Hochtönen etwas besser. Einen kickenden Bass sollte man aber auch hier nicht erwarten, aber der ist ja auch nicht jedermanns Geschmack. Die Bassoptimierung sorgt zumindest für einen hörbaren Unterschied.
Die beiden Modi für externe Töne machen nur dann wirklich Sinn, wenn man eher mit mittlerer bis geringer Lautstärke hört. Bei hohem Pegel wird beinahe alles andere ausgeblendet, sodass man ANC nicht benötigt bzw. werden die Umgebungsgeräusche nicht laut genug wiedergegeben, sodass man sie kaum wahrnehmen kann. Eine Veränderung des Klangs konnte mit aktiviertem Modus nicht festgestellt werden. Im Praxistest offenbarte sich bei der Geräuschunterdrückung, dass das mittlere Frequenzband herausgefiltert wird. Höhere Töne, auch wenn sie gleichbleibend sind, dringen weiterhin durch. Im Zug sorgt das Feature aber schon für eine angenehmere Atmosphäre. Das Durchreichen der Umgebungsgeräusche funktioniert an sich gut, klingt aber etwas unnatürlich und wirkt auch etwas leiser als von den JBL Live Kopfhörern bekannt. Kommen wir abschließend zum Fazit...
Da uns die Technics EAH-F70N schon wirklich überzeugten, waren die Erwartungen an die EAH-AZ70W ebenfalls recht hoch. Enttäuscht wurden wir nicht, um es kurz zu fassen. An der Verarbeitung des Cases und der Earbuds gibt es nichts zu meckern, auch wenn der Kunststoff-Anteil wie üblich recht hoch ist. Etwas Aufwertung erfahren sie durch den Einsatz von Aluminium am Gehäuse. Das Einlegen der Stöpsel erfolgt im Etui sehr präzise, sodass der Ladekontakt immer getroffen wird. Das ist bspw. bei den Philips UpBeat SHB2515 nicht immer der Fall, wobei diese bisher auch alleinig mit diesem Problem waren. Gerade zu den genannten True Wireless Modellen fühlt und sieht man allerdings auch schon einen preislichen Unterschied. Die Klipsch T5 True Wireless können mit dem Metall-Case allerdings noch einmal eine Schippe drauflegen.
Da diese preislich die größte Nähe zu den AZ70 darstellen, wurden sie als Klang-Konkurrenz ausgemacht. Insgesamt zeigt sich, dass der größere Treiber der Technics Kopfhörer für einen ausgewogeneren Klang sorgen. Trotz des Fehlens der aptX-Schnittstelle wird ein ebenso detailreicher Klang geboten, welcher untenrum breiter und kräftiger wirkt und obenrum weniger agressiv. Mit dem erreichbaren Pegel sollten zudem eigentlich alle Ansprüche gestillt werden können. Das ANC funktioniert zufriedenstellend, das Durchlassen von Umgebungsgeräuschen kommt nicht an das selbe Niveau heran, da es etwas unnatürlich klingt.
Kommt es zum Preis, spielt man mit einer UVP von 279€ auch wirklich in der Premium-Klasse mit. Zur Erinnerung, die Klipsch T5 True Wireless kosten ~120€ weniger. Ja, der Klang der AZ70 ist besser und es werden mehr Features geboten, aber der Aufpreis ist schon nicht ohne, also ganz "Technics-like". Schaut man sich andere Earbuds gehobener Klasse mit ANC an, findet man bspw. die Sony WF-1000XM3 für ~200€ oder die Sennheiser Momentum True Wireless 2 für ~300€, welche noch einmal mehr Features bieten. Zum Testzeitpunkt konnte aufgrund des Fehlens entsprechender Samples keine endgültige Einschätzung des Preises erfolgen, aber die Tendenz sieht nicht wirklich rosig aus. Summe bekommt man mit den Technics EAH-AZ70W aber ein paar erstklassiger In-Ears geboten. Ab Juli 2020 darf mit einer breiten Verfügbarkeit gerechnet werden.
Technics EAH-AZ70W