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Filmrezension: Gladiator II

FIlmtipp Gladiator 2Marcus Aurelius ist seit 16 Jahren tot. Die Vision, die er von einem neuen Rom hatte, hat sich nicht erfüllt. Im Gegenteil: Unter dem Regiment der kaiserlichen Zwillingsbrüder Geta und Caracalla ist Korruption an der Tagesordnung. Außerdem droht das Römische Reich aufgrund ihrer Gewaltherrschaft eher früher als später unterzugehen.

 

 

 

Eine der freien und noch nicht von den Kaiserbrüdern besetzte Stadt ist das nordafrikanische Numidien. Dort befindet sich auch General Hanno mit seiner Ehefrau Arishat. Was niemand weiß: Hanno ist in Wahrheit Lucius, der Sohn von Lucilla, Tochter von Marcus Aurelius und eigentlich rechtmäßiger Thronerbe Roms. Um auch Numidien zu unterjochen, schicken die Kaiser ihren Tribun Acacius – pikantes Detail: Acacius ist Lucillas Ehemann. Ihm gelingt es, die Stadt einzunehmen, allerdings kommt Arishat während der Kämpfe durch den Befehl Acacius’ um. Hanno/Lucius wird zum Kriegsgefangenen und kurz darauf an den Sklavenhändler Macrinus verkauft. Als Gladiator muss er nun an Spielen teilnehmen, sinnt aber insgeheim auf Rache an Acacius …

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Man darf zugeben: Ganz so absurd wie Titanic II klingt Gladiator II jetzt nicht. Aber gefühlt dann doch irgendwie. Warum in aller Welt sollte man eine Fortsetzung eines Films drehen, der in sich so schlüssig und abgeschlossen war wie Gladiator aus dem Jahr 1999? Warum vor allem probieren, an einen Erfolg anzuknüpfen, der seinerzeit unerwartet kam, was ihn genau von dem unterscheidet, das nun dahintersteckt: Berechnung und Kalkül. Und selbst das scheiterte, da Gladiator II bei einem Budget von mindestens 250 Mio. Dollar gerade einmal 460 Mio. Dollar einspielen konnte. Da man heute aufgrund der Kinoabgaben und Werbungskosten in der Regel vom doppelten Einspiel ausgehen muss, um halbwegs bei Null anzukommen, darf die Fortsetzung als finanzieller Misserfolg gelten. Zumal man sich fragt, wo das Geld hin ist.

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Während das Original trotz maximaler Star-Power (Crowe war damals einer der bestbezahlten Darsteller) nur etwas über 100 Mio. Dollar gekostet hatte, hat man hier ganz offenbar vor allem Budget in CGI-Effekte gesteckt. Und die sind (in Teilen) leider auch noch furchtbar hässlich geworden. Während die Intro-Sequenz der angreifenden Schiffe vor der Stadtmauer Numidiens durchaus noch beeindruckend gerät, hat man wohl selten weniger gelungene Primaten gesehen. Anstelle Spannung durch echte Mann-gegen-Mann-Kämpfe in der Arena zu erzeugen, erhöht man lieber das Tempo um 200 % und lässt zwei Dutzend Affen auf die Gladiatoren los, von denen einer hässlicher animiert ist als der andere – ähnlich übrigens wie die zahllosen CGI-Bluteffekte.

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Dabei hätte die Grundstruktur des Skripts (lassen wir mal die mitunter eklatant schwachen Dialoge weg) trotz der offensichtlichen Ähnlichkeiten zum ersten Teil das Potenzial für viel Drama gehabt. Die aus unterschiedlichen Zeiten der tatsächlichen Begebenheiten (mit den echten Abläufen der Historie nimmt man es zeitlich nicht so genau) zusammengeraffte Geschichte strotzt nur so vor Dynamik, Konfliktpotenzial und Intrige. Alleine die Dreier-Konstellation aus Lucius, Lucilla und Acacius böte genug Stoff für lang anhaltende Verwicklungen und Dramatik – Gladiator II traut sich aber nicht, das Ganze länger als nötig aufrecht zu erhalten. Tatsächlich ist es erstaunlich, wie wenig er diesen Konflikt überhaupt thematisiert und wie undramatisch am Ende die Auflösung erscheint.

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Auch der zweite Handlungsstrang mit der Intrige, die Macrinus und die beiden Kaiser-Brüder umfasst, kommt nie so richtig in Fahrt. Während der knapp zweieinhalb Stunden Laufzeit stellt sich immer wieder gähnende Langeweile ein. Und anstelle sich auf die Entwicklung der Intrige(n) und Konflikste zu fokussieren, lässt sich Scott dazu verleiten, die Kämpfe in der Arena ohne jeden gefühlten Zusammenhang wie eine Nummernrevue abzuhalten, die sich von Primaten zu Nashörnern, zu Haien und Galeeren steigert. Dass gerade die Knorpelfische wohl eher eine Erfindung denn historisch verbürgte Arena-Gegner sind, dürfte klar sein. Dass die Kämpfe aber trotz ihrer Größe und Opulenz kaltlassen, ist dann schon ein Schlag ins Gesicht. Zu keiner Zeit schafft Scott es, eine ähnliche Atmosphäre zu erzeugen wie im Vorgänger.

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Darüber hinaus muss man das Casting kritisieren. War Crowe in der Rolle als Maximus Decimus Meridius fast wie ein in sich gekehrter Philosoph voller Kraft, der sich bewusst zurücknimmt, um unter den eher schlichten Gemütern nicht aufzufallen, wirkt Paul Mescal in der Rolle des Lucius eher wie ein tumber und einfältiger Haudrauf. Seine Mimik beschränkt sich weitgehend auf einen Gesichtsausdruck, und wenn er entsetzt mit ansehen muss, wie Arishat tödlich getroffen wird, gleicht seine Mimik einem Jungen, dem die Mutter gerade gesagt hat, dass es heute Spinat ohne Kartoffelbrei gibt. Die letzte derart krassen Fehlbesetzungen einer Hauptfigur waren Jared Leto als Joker in Suicide Squad und Tom Holland als Nathan Drake in Uncharted.

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Allerdings liegt das nicht (nur) am Darsteller selbst, sondern am schwachen Drehbuch. Denken wir zurück an den ersten Teil und die Einführung von Maximus. Dort hält er als Feldherr eine flammende Rede, um seine Krieger auf die Schlacht vorzubereiten. Danach wissen wir: Dieser Mann hat’s drauf. Dieser Mann kann Männer motivieren. Und diesem Mann folgen die Kerle nur allzu gerne bis in den Tod. Die „Rede“, die Lucius hier vor dem Angriff durch Acacius hält, ist derart kurz, seelenlos und uninspiriert, dass man denken könnte, man hört der Traineransprache von Schalkes Dimitrios Grammozis vor dem Spiel gegen den 1. FC Köln am 22. Mai 2021 zu (Schalke ging damals mit 16 Punkten als schlechtester Tabellenletzter der 2000er-Jahre hoffnungslos in die Zweite Liga). Will sagen: Nach DER Ansprache würde ich auch jeden Kampf verlieren.

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Und Mescal ist nicht die einzige unglückliche Figur. War Phoenix’ Commodus im Vorgänger ein grandios und vielschichtig dargestellter Speichellecker und Narziss, den man vom ersten Moment hassen konnte und der sämtliche Unsympathien auf seine Figur zog, sind Fred Hechinger und Joseph Quinn in den Kaiser-Zwillingsrollen lächerliche Witzfiguren, die in Phoenix’ riesigen Fußstapfen mit Kleinkindschuhen herumstolpern. Pedro Pascal gibt sein Bestes, bekommt aber viel zu wenig Screentime. Connie Nielsen hat in ihrer entscheidendsten Szene einen ganz schlechten Moment, sodass hier einzig Denzel Washington als Macrinus herausragt. Seine Szenen dominieren den Film und sind die einzigen wenigen, die vom Drehbuch nicht ganz vernachlässigt wurden. In Summe ist das aber einfach zu wenig. Und die stolze Laufzeit von 2,5 Stunden trägt nicht gerade zur Kurzweil bei. Selten hatte ich bei einem aktuellen Blockbuster so sehr das Gefühl, die Vorspultaste drücken zu wollen oder irgendwas anderes nebenher zu machen.

 

 

Fazit - Bewertung: 4/10

Die eingangs gestellte Frage, ob Gladiator II vielleicht die unnötigste Fortsetzung aller Zeiten ist, lässt sich nicht eindeutig mit “Ja” beantworten. Das liegt aber eher daran, dass es da noch andere, weit unnötigere Sequels gibt – oder glaubt jemand wirklich, es hätte Titanic 2, Basic Instinct 2 oder American Psycho 2 gebraucht? Filmisch gesehen ist Gladiator II aber eine absolute Nullnummer. Alles, aber auch wirklich alles an dieser Fortsetzung ist schlechter als im Original – und von diesem bin ich nicht mal der allergrößte Fan.

 

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Filminfos und Inhalt: Gladiator II

  • Anbieter: Paramount Pictures
  • Land/Jahr: USA 2024
  • Regie: Ridley Scott
  • Darsteller: Paul Mescal, Pedro Pascal, Denzel Washington, Connie Nielsen, Joseph Quinn
  • Tonformate BD: Dolby Atmos (True-HD-Kern): en // Dolby Digital: de
    Tonformate UHD: Dolby Atmos (True-HD-Kern): de, en
  • Untertitel: de, en
  • Bildformat: 2,39:1
  • Laufzeit: 148

 

 

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